Die Kandidatenerfahrung (Candidate Experience) wurde in den letzten Jahren immer wichtiger. Mit dem Fachkräftemangel und der zunehmenden Konkurrenz um Talente ist es entscheidend geworden, Bewerbern den bestmöglichen Eindruck vom Unternehmen zu vermitteln.
Dieser Blogpost fasst die wichtigsten Erkenntnisse aus dem „Candidate Experience Benchmark Report 2023“ zusammen und analysiert die Daten zur Kandidatenzufriedenheit.
Highlights und Zusammenfassung
- Kandidaten in fortgeschrittenen Stadien des Bewerbungsprozesses sind zufriedener
- Die Phasen Bewertung und Interview sind besonders kritisch
- Singapur, Großbritannien und Japan schneiden am besten ab
- Mittelgroße Unternehmen performen gut, Großkonzerne schwächer
- HR, Logistik und Kundenservice mit besten Ergebnissen
- Rejected after Assessment mit niedrigsten Werten
- Interne Bewerber und Empfehlungen mit höchster Zufriedenheit
- Erinnerungsmails steigern Rücklaufquote deutlich
- Feedback und Prozess am häufigsten kommentiert
Die Bedeutung der Kandidatenerfahrung
Mit dem Fachkräftemangel haben Bewerber heutzutage mehr Auswahl bei der Jobsuche. Eine herausragende Kandidatenerfahrung ist daher entscheidend, um talentierten Bewerbern einen positiven Eindruck vom Unternehmen zu vermitteln.
Eine Messung der Zufriedenheit ist der erste Schritt, um die Candidate Experience zu verbessern. Der Candidate Net Promoter Score (cNPS) hat sich als kommerziell relevanter Standard etabliert. Er misst, wie wahrscheinlich es ist, dass Bewerber das Unternehmen in ihrem Umfeld weiterempfehlen.
cNPS nach Phase und Kontaktpunkt
Die Daten zeigen, dass Kandidaten in späteren Phasen des Bewerbungsprozesses zufriedener sind. Eingestellte Kandidaten haben mit 80 den höchsten cNPS.
Kritische Punkte sind Assessment und Interview. Assessment ist oft der erste praktische Kontakt mit einem Unternehmen. Schlechte Vorbereitung oder fehlendes Feedback nach einem Assessment frustrieren Bewerber.
Das Interview hat das größte Spread an cNPS Werten. Die besten Unternehmen schaffen hier eine herausragende Candidate Experience. Die schlechtesten Unternehmen hingegen enttäuschen die Erwartungen gravierend.
cNPS nach Land
Singapur, Großbritannien und Japan performen mit cNPS Werten von 25, 21 bzw. 18 am besten. Kanada, Indien und Deutschland liegen mit 4, 5 und 7 Punkten am Ende der Skala.
Bei abgelehnten Bewerbern schneiden Unternehmen in Frankreich, Australien, Indien, den USA und Großbritannien besonders schlecht ab. Hier besteht dringender Verbesserungsbedarf bei der Kommunikation negativer Entscheidungen.
cNPS nach Unternehmensgröße
Mittelgroße Unternehmen (500-1000 Mitarbeiter) haben den besten cNPS von 17 Punkten. Bei Großkonzernen über 5000 Mitarbeitern liegt der Wert bei nur 8 Punkten. Die Kandidatenerfahrung ist bei größeren Unternehmen oft persönlicher und individueller gestaltet.
Jedoch haben die besten 25% der Großunternehmen einen cNPS von bis zu 45 für abgelehnte Bewerber. Trotz höherer Bewerberzahlen schaffen es die Top-Recruiter also, eine hervorragende Candidate Experience zu kreieren.
cNPS nach Abteilung
HR und People, Logistik und Kundenservice liegen mit cNPS Werten von 26-31 an der Spitze. Technische Bereiche wie Marketing oder Engineering folgen mit 7-11 Punkten. Hier spielt die intensive Kommunikation mit Bewerbern vermutlich eine große Rolle.
Allerdings werden im Einzelhandel zwei Drittel und im Kundenservice ein Drittel aller Bewerber eingestellt. Dieser Kontext ist wichtig für die Interpretation der Werte.
cNPS nach Bewerberquelle
Interne Bewerber und Empfehlungen haben die zufriedensten abgelehnten Bewerber (+5 und +10 Punkte cNPS). Jobsuchende über Indeed hingegen zeigen mit -19 den niedrigsten cNPS.
2023 gab es zwar mehr Bewerbungen als 2022, aber weniger Einstellungen. Unternehmen mit starkem Employer Branding können sich die besten Talente gezielt heraussuchen.
Response Rate nach Kontaktpunkt
Mit 29% liegt die Response Rate für eine Umfrage nach einem Interview am höchsten. Hier ist der emotionale Anteil der Bewerber offenbar am größten.
Abgelehnte Bewerber nach einem Assessment haben mit 23% eine vergleichsweise niedrige Rücklaufquote. Eine bessere Vorbereitung könnte mehr Interesse an einem Feedback wecken.
Auswirkung von Erinnerungsmails
Mails mit der Erinnerung an eine Umfrage steigern die Response Rate um rund 10 Prozentpunkte. Ohne solche Reminder sinkt die Bereitschaft zur Teilnahme an einer Bewerberumfrage deutlich.
Häufigste Kommentarthemen
Process, Feedback, Recruitment Team und Communication sind die meistdiskutierten Themen in Freitextkommentaren von Bewerbern.
Abgelehnte Kandidaten kritisieren vor allem das Feedback und die Vorbereitung auf Aufgaben und Assessments. Auch Geschwindigkeit und DE&I sind wichtige Themen dieser Gruppe.
Bei Eingestellten überwiegen negative Kommentare zu Gehalt, Assignment und Prozessgeschwindigkeit. Die sonst sehr hohe Zufriedenheit bekommt hier kleine Kratzer.
Fazit
Die Daten aus über 160.000 Bewerberumfragen zeigen, dass eine proaktive und einfühlsame Kommunikation der Schlüssel für eine positive Candidate Experience ist.
Assessment, Interview und Ablehnung sind kritische Momente, in denen Unternehmen Vertrauen aufbauen oder verspielen können. Je größer ein Unternehmen ist, desto schwieriger ist eine individuelle Betreuung von Bewerbern.
Messwerte wie cNPS oder Response Rate sollten regelmäßig erhoben werden, um die Candidate Experience konsequent zu optimieren. Nur so bleibt ein Unternehmen auch in Zeiten des Fachkräftemangels attraktiv für Top-Talente.
Über die Studie
Die Daten in dieser Analyse stammen vom „Candidate Experience Benchmark Report 2023“ von Starred und Talenthub. Über 160.000 Bewerberumfragen wurden ausgewertet, um Einblicke in die Kandidatenerfahrung zu gewinnen.
Neben Net Promoter Score wurden dabei auch Response Rates, Freitextkommentare, Unternehmenskennzahlen und Benchmark-Daten untersucht. Die wichtigsten Ergebnisse und Handlungsempfehlungen wurden in diesem Blogpost aufbereitet.